Statement

Das Dazwischen

In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der weiblichen Rolle in der Gesellschaft. Ich ergründe anhand des eigenen Rollenverhaltens im Wechselspiel mit den von außen vorgegebenen und erwarteten Mustern die Auswirkung auf die eigene Handlung. Die äußere Abgrenzung bei nicht gewünschten Verhaltensmustern wurde bereits in der Kindheit geprägt: Durch die familiär vorgelebten Rollenbilder, die persönliche Nichteinhaltung von Anordnungen, die Durchsetzung des eigenen Willens oder durch die eigens erfahrene gesellschaftliche Ausgrenzung ist die zwischenmenschliche und empathische Erarbeitung von etwas Dazwischen ein wichtiges Element für mich.

Meist ist der abgebildete weibliche Akt isoliert, in sich ruhend dargestellt. Die Wirkweise von vorgegebenen Mustern auf die eigene Rolle im System und die persönliche Annäherung dieser Rollenbilder finden schlussendlich ihren Bezug in den Kompositionen der Werke. Dieses Wechselspiel ist zeitgleich durch die Durchlässigkeit der Bildträger spürbar. Es findet eine Vermittlung dieses Neben- und Miteinanders der verschiedenen Charaktere statt.

Verdichtende Materialen wie Kohle, grob geschnittene Papierschnipsel, rasch hingeworfenen Farbreste oder morbide Blütenzeichnungen in Verbindung mit behutsam gesetzten Farbflächen, Lochungen und grob genähte Collage bedingen sich gegenseitig und unterstützten einander. Es sind immer alle Möglichkeiten gleichzeitig vorhanden. Die beiden Seiten des Bildträgers verkörpern jeweils eine Wahrnehmung und zeigen sich dem Betrachter durch die Möglichkeit des Umschreitens der Arbeit.
Hierbei nimmt der Rezipient die Gänze der Vorder- und Rückseite in ihrer Unterschiedlichkeit war. Transparente gegen pastose Flächen, Farbschlieren und ins Leere laufende Fäden oder Perforierungen und Schnitte in der fragilen Oberfläche lassen eine Ahnung der nebeneinander existierenden Zerbrechlichkeit aufkommen.

Birgit Herzberg-Jochum